Gabreta Wenia
   

Experimentelle Archäologie

Einleitung von Mamoun Fansa

Seit Jahrhunderten wird mit Hilfe von Experimenten versucht, vor- und frühgeschichtliche Verhältnisse verschiedener Kulturen zu rekonstruieren. Experimentelle Archäologie heißt, Theorien und Überlegungen über bestimmte technische Probleme in ihrer Funktion zu prüfen.

Das Experimentieren muss im Zusammenhang mit Rekonstruktionsversuchen gesehen werden. Eine strikte Trennung zwischen Rekonstruktion und Experiment ist meines Erachtens nicht zu sehen. Mit Hilfe der experimentellen Archäologie soll versucht werden, den Originalzustand annähernd zu erreichen; Rekonstruktion bedeutet Rückführung auf den Originalzustand. Die Endphase des Experimentierens ist gleichzusetzen mit einem Rekonstruktionsergebnis.

Um dem Experimentieren einen wissenschaftlichen Charakter zu geben, muss mit dem Verständnis naturwissenschaftlicher Arbeitsweise gearbeitet werden. Das Ziel muss präzise formuliert, Versuche oder Experimente müssen nach naturwissenschaftlichen Grundlagen und Vorschriften aufgebaut werden. Die Ausgangsposition für die experimentelle Archäologie bilden die Befunde, Funde und historischen Quellen (Texte, Darstellungen).

Daraus entwickeln sich Fragestellungen, die sich mit Materialbeschaffenheit, mit Herstellungsverfahren oder mit Funktionen beschäftigen. Ferner müssen die Lagerung im Boden und die verschiedenen Umwelteinflüsse analysiert werden. Anschließend beginnt das Experiment.

Dazu gehört die Vorexperimentierphase, in der forschungsgeschichtliche Überlagerungen mit einbezogen und die Vorbereitungen zur Hauptphase des Experiments abgeschlossen werden. Das Experiment selbst läuft nach dem vorgegebenen Schema ab.

Um Zufälle auszuschließen und mehrfache Messungen vornehmen zu können, muss das Experiment mehrmals wiederholt werden. Parallel zu diesen Tätigkeiten soll das gesamte Experiment fachgerecht dokumentiert werden. Schließlich versucht man, die Ergebnisse zu analysieren, die entweder die Bestätigung der vorhandenen Theorien oder neue Erkenntnisse bzw. Ergänzungen darstellen. Anschließend werden die sachlich zusammengefassten Endergebnisse kulturhistorisch interpretiert und eingeordnet.

Damit sind die Voraussetzungen für neue Fragestellungen und neue Forschungsansätze gegeben.

Durch die experimentelle Archäologie werden nicht nur Vorgänge im Herstellungsprozess vor- und frühgeschichtlicher Gerätschaften begreifbar gemacht, sondern auch Befunde aus Grabungen auf ihre ursprüngliche Funktion und ihre Interpretation hin überprüft.


EXPERIMENTELLE ARCHÄOLOGIE IN DEUTSCHLAND
ISSN: 0170-5776

   
 

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